Jedes Marketingteam möchte in einem externen Umfeld, das immer wendiger, unsicherer und komplexer wird, möglichst effizient arbeiten. Agiles Arbeiten – bei dem interdisziplinäre Teams mit Hilfe ergebnisorientierter Sprints und kurzer Zyklen konkrete Ergebnisse anstreben – wird dabei als eine mögliche Lösung präsentiert. Agile Experten sind sich einig: In kurzen Abständen aufeinanderfolgende, zielgerichtete Maßnahmen funktionieren in bestimmten Fällen besser als über einen längeren Zeitraum laufende Kampagnen. Aber stimmt das auch? Und wenn ja: Wie gehe ich vor? Wenn Marketingspezialisten in ihrer Organisation Agiles Arbeiten einführen wollen, sehen sie sich mit einer ganzen Reihe von Fragen konfrontiert. In diesem Artikel finden Sie einen Überblick über die am häufigsten gestellten Fragen (und die entsprechenden Antworten).
Kennzeichnend für Agiles Marketing sind interdisziplinäre Teams, eine Reihe von Sprints, experimentieren, streichen und zurückbehalten. Es handelt sich um eine dynamische und flexible Form des Arbeitens, die ihren Ursprung in IT-Abteilungen findet. Es ist in etwa das Gegenteil vom Arbeiten nach dem Wasserfall-Prinzip, bei dem ein Projekt auf Grundlage vordefinierter Schritte oder Prozesse auf den Markt gebracht wird. Spotify gilt als Paradebeispiel für Agiles Arbeiten, wie dieser kurze Film schön zeigt.
Die Idee hinter dem Agilen Marketing besteht darin, dass Kampagnen oder Projekte, die nicht das gewünschte Ergebnis liefern, auch relativ wenig Geld gekostet haben. Bei enttäuschenden Ergebnissen wird die Kampagne bzw. das Projekt eingestellt, bei positiveren Ergebnissen werden noch mehr Geld und Energie investiert.
Die Agile Bewegung ist im Jahre 2001 entstanden, als siebzehn Softwareentwickler ihr sogenanntes Agiles Manifest verfassten, mit dem sie sich gegen ein Übermaß an Prozessen und Tools, einen übertriebenen Fokus auf die Dokumentierung von Prozessen, eine mangelnde Co-Creation mit Kunden und den Widerstand, im Voraus festgelegte Pläne in Frage zu stellen, wendeten.
Ausgangspunkt der Verfasser des Agilen Manifests war, dass vordefinierte Prozesse bei der Entwicklung von Standardprodukten zwar äußerst effizient sind, sie aber Innovationen im Wege stehen. Zu viel Organisation oder zu viele Regeln behinderten die Ausarbeitung neuer, erfolgreicher Projekte. Bei Innovationen müsse sich eine Organisation schnell anpassen, sachlich arbeiten und unnötige Regeln über Bord werfen. Erfolge würden durch fortschreitende Erkenntnisse erzielt und der Lernprozess erfolge durch die Bewältigung von Aufgaben in kurzen Zyklen, wobei konkreten Ergebnissen die größte Bedeutung beigemessen werde.
Sollte dann alles, was auf der rechten Seite der Spalte steht, ignoriert werden? Nein, ganz und gar nicht. Sie sind nur für innovative Prozesse, Projekte oder Kampagnen weniger geeignet. In einem Marketingumfeld denke ich hierbei an die Vermarktung eines neuen Produkts, die Eroberung eines neuen Marktes, die Entwicklung neuer strategischer Marketingtools (z.B. Webshop), eine Neupositionierung bei Marketingbotschaften oder die Befriedigung neuer Kundenbedürfnisse. In diesen Fällen lohnt es sich zweifelsohne, in Ihrem Marketingteam Agiles Arbeiten in Erwägung zu ziehen.
Wer Literatur zum Thema ‚Agil‘ liest, der erfährt, dass ‚Agil‘ und ‚Scrum‘ sehr dicht beieinanderliegen. Beide Konzepte basieren darauf, dass Produkte, Projekte oder Kampagnen auf flexible Art und Weise und durch eine Reihe von Sprints auf den Markt gebracht werden, und für viele besteht zwischen ‚Agil‘ und ‚Scrum‘ eigentlich kein Unterschied. Wikipedia zufolge ist Scrum ein Teilbereich des Agilen Arbeitens. Spotify hat sich nach und nach vom ‚Scrum‘-Konzept abgewandt und in der Organisation ‚Agil‘ als zentrale Arbeitskultur in den Vordergrund gestellt.
‚Lean‘ arbeiten bedeutet, dass alles, was nicht zu einem Kundennutzen führt, vernachlässigt wird. Dieses Konzept richtet sein Augenmerk von daher eher auf die Strukturierung ganzer Organisationen, wobei diese auf ihre reine Essenz reduziert werden. Es bestehen jedoch insofern auch viele Schnittstellen zwischen ‚Agil‘ und ‚Lean‘, als beide Konzepte das Endergebnis und eine kontinuierliche Verbesserung in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen.
Die Antwort auf diese Frage kann von zwei Seiten betrachtet werden. Einerseits werden beim Agilen Arbeiten langfristige Terminplanungen, vordefinierte Prozesse und hierarchische Kontrollen durch das Management abgelehnt. Doch bedeutet das in keiner Weise, dass ‚Agil‘ gleichbedeutend mit Chaos, ‚viele Worte ohne Taten‘, Freiheit, Unbekümmertheit, impulsiven Entscheidungen oder einem Mangel an Weitsicht ist. Kritiker des Agilen Werkens werfen diese Begriffe jedoch immer schnell in den Raum.
Das nachfolgende Schema zeigt, dass bei der Agilen Methodik das Planen eine vorrangige Rolle spielt. Da jeder Sprint als Lernzyklus oder Lernkurve erlebt wird, wird der Plan nach jedem Sprint wieder angepasst oder weiterentwickelt.
Agiles Marketing folgt somit der gleichen Grundlogik wie eine ‚normale‘ Marketingkampagne, die meist von einer langfristigen Planung ausgeht, wobei verschiedene Marketingmaßnahmen ergriffen werden und zu einem bestimmten Zeitpunkt die Ergebnisse gemessen werden. Die größten Unterschiede sind jedoch:
Deshalb benötigt man, möchte man mit Agilem Marketing erfolgreich sein, auf jeden Fall einen Plan oder ein Gesamtkonzept, in dessen Rahmen man dann schnell reagiert, Anpassungen vornimmt und mit Kollegen und Kunden interagiert. Auf diese Weise wird der Plan immer effizienter und marktorientierter. Man wächst sozusagen mit den gewonnenen Erkenntnissen.
Sie können Agiles Marketing mit einer langen Reise vergleichen, bei der das Endziel bekannt ist, aber der Weg dorthin angepasst wird, sobald sich neue Erkenntnisse, Entwicklungen oder Umstände auftun. Man könnte meinen, dass Agiles Arbeiten eine ganz neue Arbeitsform ist. Die Marketingspezialisten und Marketingteams müssen hierfür nicht selten eine neue Denkweise annehmen, denn man ‚macht‘ nicht ‚Agil‘, sondern man ‚ist‘ es.
Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Sie machen den Unterschied, indem Sie Agil ‚sind‘. Marketingmanager, die in ihrem Team mit vordefinierten Plänen, Prozessen und Tools wendig und flexibler arbeiten wollen, können sich die Mühe sparen. Agiles Marketing entfaltet sich am besten in einer Organisationskultur, in der Kontrolle keine zentrale Rolle spielt und die Teammitglieder strategische und operative Entscheidungen eigenhändig treffen dürfen.
Überrascht es Sie, dass Agiles Marketing am ehesten von Start-up- und Scale-up-Unternehmen übernommen wird? Doch sicher nicht. Diese Unternehmen weisen nämlich eine kommunikative Kultur auf, in der kompetenten Mitarbeitern das Vertrauen zugesprochen wird, angemessene Entscheidungen treffen zu können. Marketingspezialisten in großen Organisationen werden häufiger gegen das Prinzip angehen, dass neue Ideen erst von mehreren Managern, beratenden Ausschüssen oder den Vorständen gutgeheißen werden müssen.
Wenn Sie Ihr Marketingteam agil machen möchten, besteht der erste Schritt darin, ein Projekt oder eine Kampagne zu definieren, mit dem/der man lernt, agil zu arbeiten. Es ist unmöglich, Ihre ganze Marketingstrategie agil zu gestalten. Wie bereits oben erwähnt, verleiht Agiles Arbeiten Standardprojekten oder Always-on-Kampagnen, bei denen es keine Diskussionen und nur wenige Innovationen gibt, nur einen geringen Mehrwert. Wichtig ist, dass das Projekt eine klare langfristige Perspektive oder Zielsetzung hat: z.B. ein besseres Nutzererlebnis, mehr Leads, mehr Kunden aus einer bestimmten Region, ein höherer Umsatz durch bestehende Kunden usw.
Schritt 2 ist die Benennung eines Projektverantwortlichen (Project Owner, Agile Coach, Scrum Master, Squad Leader usw.), der die Rolle des ‚Facilitators‘ einnimmt. Er trägt dafür Sorge, dass der agile Prozess reibungslos verläuft und der agile Prozess richtig umgesetzt wird. Aber Achtung! Hierbei handelt es sich nicht um eine Autorität oder eine Führungsrolle, da das Team selbst bestimmt, welche Richtung ein Sprint einschlägt.
Schritt 3 ist die Zusammenstellung eines Projektteams (das ‚Squad‘). Den Grundstein Ihres Projektteams legen Sie mit Ihren Kollegen, die ebenfalls Marketingspezialisten sind und mit denen Sie in einem interdisziplinären Team gut zusammenarbeiten können. Dieses Team ergänzen Sie dann um sachkundige Unternehmensmitarbeiter (‚Stakeholder‘), die einen Mehrwert bieten, wenn es darum geht, ausgehend von einem Plan durch Maßnahmen zu einem Ergebnis zu gelangen. Dabei kann es sich beispielsweise um Kollegen aus der Verkaufs-, Produkt- oder IT-Abteilung handeln. Überlegen Sie sich gut, ob Sie auch Führungskräfte in Ihr Projektteam aufnehmen möchten, denn es besteht die Gefahr, dass diese ihre Führungsrolle nicht ablegen können. Wenn es mehrere agile Teams gibt, haben die Führungskräfte oftmals einen höheren Mehrwert, wenn sie darauf achten, dass die Teams effizient arbeiten, und sie nicht in einem Team mit ihrem eigenen Erfolg punkten wollen. Es ist äußerst wichtig, dass die Teams die Lösung erst in ihren eigenen Reihen suchen, bevor sie sich an das Management wenden!
Integrieren Sie in Ihr Team letztendlich auch externe Mitglieder, die Sie unbedingt benötigen. Dabei kann es sich um einen Kunden, einen Freiberufler, einen Mitarbeiter einer Marketingagentur oder einen (agilen) Coach handeln. Teams mit weniger Erfahrung kriegen nicht selten einen agilen Coach zugewiesen. Und auch die Rolle der Kunden darf nicht unterschätzt werden! Nicht umsonst ist ‚Customer Collaboration‘ einer der vier Pfeiler des Agilen Manifests.
Ein wichtiger Aspekt ist die Größe des Teams. Je größer Ihr Team ist, desto ‚steifer‘ ist es! Spotify beschränkt seine Squads auf maximal acht Personen. Ich denke, dass das ein sehr guter Richtwert ist, wenn man agil arbeiten möchte.
Bei Schritt 4 nimmt das Projektteam seine Arbeit auf, wobei es in regelmäßigen Abständen (wöchentlich, alle vierzehn Tage, monatlich usw.) Besprechungen abhält, Pläne konkretisiert, Maßnahmen für den Markt entwickelt, sich gegenseitig Feedback gibt und zielgerichtete Analysen durchführt, die wiederum zu einem neuen Sprint führen. Sehr wichtig ist die Analyse, die am Ende des Sprints folgt. Was werden wir behalten? Was werden wir aufhalten, weil es nicht funktioniert? Was werden wir reduzieren? Was werden wir erhöhen? Diese Entscheidungen werden beim nächsten Sprint berücksichtigt werden. In diesem Sprint werden neue Aktionen gestartet, die an sich schon zu neuen Entscheidungen führen werden. Auf diese Weise entsteht jene progressive Einsicht, die das agile Marketing so faszinierend macht.
Diese Frage darf niemals der Ausgangspunkt für Agiles Marketing sein! Agiles Arbeiten ist – wie in diesem Artikel bereits erwähnt – eine Denkweise und keine Technik. Dennoch ist das Tooling im Rahmen des Agilen Marketingprozesses eine wichtige Phase, denn Pläne, Ideen, Maßnahmen und Analysen erfordern ein Mindestmaß an Dokumentierung oder Planung. Bei der ersten Zusammenkunft wird dann natürlich auch die Frage gestellt, wie das Team die Sachen angehen wird, wie sie miteinander kommunizieren und wie sie Bericht erstatten werden.
Je kleiner das Team ist, desto einfacher ist die Wahl. Denn jedes Teammitglied bringt eine Mikroorganisation mit seinen bevorzugten Tools mit ins Spiel. Darum ist es für den Projektleiter dann auch eine besondere Herausforderung, schnell eine für alle geltende Arbeitsweise zu definieren. Für das Agile Marketing häufige verwendete Tools sind:
In unserem Team nutzen wir (selbstverständlich) Husky als agiles Marketingtool. Zusammenfassend verwenden wir Husky wie folgt:
Somit haben wir vor, während und nach den Teambesprechungen alle Informationen an einem zentralen Ort. Husky ist als All-in-One-Lösung für agile Marketingprojekte besonders geeignet. Außerdem ist Husky auch unser Planungstool für nicht-agile Projekte. Auf diese Weise können wir alle Projekte und Planungen in einem zentralen Tool speichern.
Sie haben es bereits in diesem Artikel gelesen: Agiles Arbeiten erfordert eine Änderung der Denkweise sowie eine Zusammenarbeit innerhalb der Organisation. Teams ohne Erfahrung werden das Agile Arbeiten durch dessen Anwendung in der Organisation entdecken und durch Erfolge und Rückschläge immer tiefer in die Materie eintauchen. Diese Erfahrung lohnt sich jedoch, davon bin ich fest überzeugt. In der zahlreichen Literatur werden eine Reihe konkreter Vorteile genannt, wobei manche greif- und messbarer sind als andere.
Schon ich allein kann aufgrund meiner eigenen Erfahrung mit dem Agilen Arbeiten in unserem Marketingteam drei konkrete, greifbare und messbare Vorteile bestätigen:
Die Hindernisse, auf die ich persönlich beim Agilen Arbeiten in Marketingteams gestoßen bin, sind:
Alle diese hier beschriebenen Hindernisse müssen jedoch das Agile Denken und Arbeiten in Ihrer Organisation nicht ganz untergraben. Man kann ihnen durchaus entgegentreten, und zwar dadurch, dass:
Habe ich Sie – als Marketingspezialist – davon überzeugt, wie wichtig Agiles Arbeiten für Ihr Marketingteam ist? Sehr gut. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich Marketingteams in Zukunft nicht mehr nur allein mit langfristigen Kampagnen und Always-on-Kommunikationsmaßnahmen, die sich auf bestehende Produkte und Märkte stützen, begnügen können.
Ändern Sie Ihre Denkweise hin zum Agilen Marketing mit einer kleinen, flexiblen Kampagne. Gestalten Sie die Dinge am Anfang nicht zu kompliziert. Sie müssen verstehen, dass learning-by-doing nicht nur Ihre Bestimmung ist, sondern auch eine Technik, die Ihrem Team Freude an der Arbeit und persönliche Bereicherung bringt. Gehen Sie von einem konkreten Gesamtkonzept oder einem konkreten Bedürfnis aus und beziehen Sie Ihre Kunden in Ihr agiles Projekt bzw. in Ihre agilen Projekte mit ein. Gehen Sie auf die Suche nach Ihrem idealen Projektteam, und akzeptieren Sie, dass nicht jeder in Ihrem Team agil arbeiten kann oder will. Testen Sie schnell, scheitern Sie schnell und vor allem lernen Sie schnell aus den Ergebnissen. Behalten Sie das letztendliche Ziel immer im Auge, genießen Sie jedoch den Weg dorthin.
Viel Erfolg!